Cyanotopie – die Verzauberung gewöhnlicher Fotos

Cyanotopie (Eisenblaudruck) Workshop 1

Eine Woche drehte sich an der LSOD alles um Cyanotopie, auch Eisenblaudruck genannt. Mit diesem Verfahren erzeugt man beindruckende und unverwechselbare Bilder, jeder Versuch wirkt einzigartig sowie außergewöhnlich mit unerwarteten Effekten. Ein Erfahrungsbericht.

An der Leipzig School of Design erweitern wir unsere Horizonte und die Dozenten bereiten uns bestmöglich auf ein anschließendes Designstudium bzw. Kunststudium vor. Für die meisten von uns sind viele Lehrinhalte völlig neu bzw. überraschend und wir werden immer wieder mit den verschiedensten Darstellungstechniken und Aufgabenstellungen vertraut gemacht. Doch in der vergangenen Woche gab es gleich zwei Aufgaben zu verknüpfen.
Zum einen Portraitfotografie mit dem Ziel daraus einen Eisenblaudruck zu generieren!

Aber von vorn. Im ersten Step galt es ein Porträt anzufertigen und sich mit verschiedenen Fotosituationen und Hintergründen auseinander zu setzen, den richtigen Blickwinkel und Bildausschnitt zu finden und dabei die Persönlichkeit des zu porträtierenden bestmöglich einzufangen. Wir hatten dafür zwei Tage Zeit und durften uns sowohl untereinander, als auch selbst Porträtieren. Im gesamten Gebäude und unseren Räumen wurde gekichert, posiert und geknipst. Jetzt ist mir nicht nur klar wie viel Aufwand hinter einem guten Portraitfoto steckt, sondern wir hatten wirklich sehr viel Spaß.

Nach der Qual der Bildauswahl mussten wir zunächst die Bilder mittels Photoshop in ein Negativ umwandeln und anschließend bei einem Copyshop das entsprechende Lieblingsmotiv auf A4 oder A5 auf Folie drucken lassen. Solche Folien nutzt man zum Beispiel auch für Overheadprojektoren, die hier auch Polylux genannt werden.

Erste Etappe - check ✅.

Nach dem wir unsere Porträts auf Folie hatten ging es endlich mit dieser sehr alten, aber großartigen Fotoentwicklungstechnik los. Dem Eisenblaudruck bzw. der Cyanotopie.
Eine wunderbare Möglichkeit alte Fotoentwicklungstechnik mit moderner Digitalfotografie zu verbinden und ein wenig tiefer in die Historie der Fotografie einzutauchen.

Bei Cyanotopie handelt es sich um ein, mehr als 200 Jahre altes fotografisches Edeldruckverfahren, welches bereits 1842 von dem Naturwissenschaftler Sir John Herschel entdeckt wurde. Große Verbreitung fand es allerdings erst durch die Naturwissenschaftlerin Anna Atkins, die damit ihre Pflanzenentdeckungen dokumentierte. Dieses monochrome Auskopierverfahren ist eine Technik zur Herstellung stabiler Bilder und beruht auf Eisen. Durch eine chemische Eisenlösung bilden sich unter UV Licht blaue Eisenkristalle. Deshalb nennt man diese Methode Blaudruck. Das Bild entsteht dabei direkt im Papier oder im Stoff, und nicht nur auf der Oberflächenschicht.

Aber dieses Verfahren eignet sich nicht nur für hochwertiges Papier, sondern auch für Baumwolle und Leinwände. Hauptsache saugfähig. Das wollten wir hier an der LSOD natürlich ausprobieren!
Mit einer extrem lichtempfindlichen Lösung aus Ammoniumeisen(III) -Citrat und Kaliumferricyanid wird ein Trägermaterial beschichtet und damit fotosensibilisiert. Es ist auch gar nicht so schwierig diese Lösung selbst herzustellen. Alle Zutaten bekommt man in der Apotheke und einmal gemischt, kann man die Lösung sehr lange aufbewahren.

Mit dieser Lösung beschichtet man sein Trägermaterial und lässt es trocknen. Es kann mit verschiedensten Pinselstärken gearbeitet oder auch mit Schwamm oder Tuch aufgetragen werden. Jede Technik führt zu eigenen Ergebnissen und damit lässt sich wunderbar experimentieren.
Danach erfolgt die Belichtung des abzubildenden Gegenstandes oder, wie in unserem Experiment des Kontakt-Negativ unter UV Licht und es bildet sich an den belichteten Stellen wasserunlösliches Berliner Blau. Auch bekannt als Preußisch Blau. Für die nötige Belichtung nutzten wir spezielle UV Lampen und auch eine große respekteinlösende UV-Gasdrucklampe … dazu trugen wir den ganzen Tag coole Sonnenbrillen (zum Schutz), was zu einiger Erheiterung führte. Wir haben das für euch natürlich Fotodokumentiert.
Die unbelichteten Bereiche bleiben dabei wasserlöslich und die Farbe kann dort einfach mit Wasser ausgewaschen werden. Dafür hatten wir große Kunststoffwannen bereit gestellt. Was für eine schöne Sauerei! Lohnt sich aber!

Durch anschließendes waschen der Abzüge in verschiedenen anderen Flüssigkeiten, können zusätzlich überraschende Farbnuancen erzeugt werden. Das können alle möglichen Flüssigkeiten sein. Sogar Tee und Brühe kamen zum Einsatz und führten zu unerwarteten und wunderschönen Ergebnissen. Wir experimentierten mit den verschiedensten Auftrageverfahren, Mischungsverhältnissen und Einfärbe -Techniken und waren von den surrealen, unerwarteten Ergebnisse völlig begeistert. Die Effekte durch Eisenblaudruck machen aus etwas digitalem Neuem, eine alt anmutende Besonderkeit. Es nimmt einen mit auf eine Zeitreise zurück zu den Anfängen der Fotografie.

Die Woche endete mit wunderbar kreativem Chaos in den Unterrichtsräumen, wir alle sind begeistert von diesen einzigartigen Ergebnissen, auf jeden Fall kommen einige Bilder mit in meine Bewerbungsmappe. Von den Ergebnissen könnt ihr euch hier überzeugen:

Sophia B. aus Leipzig